Beweglichkeitstraining

Warum Dehnen so gut tut

Von Ajita Alexandra Gobrecht, veröffentlicht am , gekennzeichnet mit Mobility Training, Yoga, Functional Training und funktionelles Training

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Schauen wir uns zunächst einmal die Begriffe an, um die es beim Thema Beweglichkeitstraining geht:

  1. Beweglichkeit ist die Fähigkeit, endgradige Gelenkstellungen einnehmen und Bewegungen mit großer Schwingungsweite ausführen zu können
  2. Dehnfähigkeit ist die Bewegungsweite von Muskeln, Sehnen, Bändern und Kapseln
  3. Dagegen bezeichnet Gelenkigkeit den durch die knöcherne Gelenkstruktur, den Knorpel, die Bandscheiben und Menisken begrenzten Bewegungsbereich

Ziel

Das Ziel von Mobility Training ist es, die Beweglichkeit zu verbessern. Eine gute Beweglichkeit ergibt sich aus drei Faktoren:

  1. Dem Zusammenspiel der elastischen Eigenschaften von Muskeln, Sehnen und Bändern
  2. Der Kraft, die benötigt wird, um den anatomisch zur Verfügung stehenden Bewegungsspielraum zu erreichen
  3. Der inter- und intramuskulären Koordination

Um beweglicher zu werden, kann man den Körper mit verschiedenen Techniken dehnen, dynamische Kraft- und Beweglichkeitsübungen machen, myofasziale Selbstmassagen durchführen (mit Fazsienrollen, Faszienbällen und anderen kleinen Hilfsmitteln) oder die motorische Kontrolle und Ansteuerung der Muskulatur verbessern. In diesem Blogbeitrag beschäftigen wir uns mit der ersten Methode, dem Dehnen. Im nächsten Artikel schauen wir uns dann verschiedene Dehntechniken genauer an.

Körperliche Wirkungen

Dehnen fördert die Beweglichkeit des Körpers: Die Gelenke können dann optimal funktionieren, die Elastizität von Muskeln, Sehnen und Bändern verbessert sich, Stoffwechsel und Durchblutung der Muskulatur werden angeregt und sie wird besser mit Nährstoffen versorgt. Wiederholtes Dehnen erhöht nicht nur das Bewegungsausmaß des Körpers, sondern reduziert auch die Dehnungsspannung. Durch regelmäßiges Dehnen werden Verspannungen, Verhärtungen und Verklebungen im Gewebe gelöst, der Muskeltonus (die Grundspannung des Muskels) wird gesenkt. So können Fehlhaltungen, die durch einen zu hohen Muskeltonus ausgelöst wurden, ausgeglichen werden.

Muskuläre Dysbalancen (Ungleichgewichte) können ebenfalls durch verkürzte Muskeln entstehen. Ihnen kann man durch regelmäßiges Stretchen der zur Verkürzung neigenden Muskulatur entgegen wirken. Dehnen soll auch dazu beitragen, dass sich die Faszien rund um die Muskulatur wieder entspannen. Nicht zuletzt kann man Rückenschmerzen mit Dehnübungen entgegen wirken.

Leistungssteigerung

Wenn ein Muskel durch erhöhte Beweglichkeit besser in Vordehnung gebracht werden kann, kann er unter Beanspruchung mehr Kraft, Energie und Leistung aufbringen. Das kann man sich ähnlich vorstellen wie ein Gummiband, das an einer Zwille hängt: Je stärker man es unter Spannung bringt, desto weiter fliegt das Wurfgeschoss. Für Kraftsportler ist eine bessere Beweglichkeit die Basis dafür, Bewegungen kräftiger und schneller ausführen zu können: Über einen größeren Bewegungsbereich zu verfügen bedeutet auch, einen höheren Beschleunigungsweg zu haben. Ausdauersportler profitieren durch regelmäßiges Dehnen von einer erhöhten Bewegungsamplitude; ihre Bewegungen benötigen weniger Kraftanstrengung.

Eine dehnfähige Muskulatur ist nicht nur entspannungsfähiger, sie kann auch koordinativ besser bewegt werden, die Bewegungen werden runder und ökonomischer. Viele Sportarten erfordern sogar maximale Beweglichkeit: Im Turnen, Eiskunstlauf, Hürdenlauf, Delfinschwimmen, im Ballet, in der rhythmischen Sportgymnastik, aber auch in Kampfsportarten wie Karate, Taekwondo, Judo etc. gehört Dehnen zum Training dazu.

Beweglichkeit erhalten

Spätestens ab dem 30. Lebensjahr spüren viele ihre eingeschränkte Mobilität. Die Geschmeidigkeit von Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken nimmt ab, die Faszien fangen an zu verkleben. Zu wenig Bewegung oder einseitige Bewegungsabläufe können diesen Effekt noch verstärken. Wenn man seine Mobilität durch regelmäßiges Training erhält oder verbessert, kann man bis ins hohe Alter gesund, fit und selbstständig bleiben.

Mentale Wirkungen

Indem wir den Muskeltonus senken, können wir auch runterkommen und entspannen. Nicht umsonst wird oft nach einer körperlich und mental anstrengenden Sporteinheit nochmal gedehnt, um einen angenehmen Abschluss zu finden. Warum also nicht nach einem stressigen Arbeitstag dehnen, wenn der Geist aufgewühlt und ausgelaugt ist und der Körper viel zu lange in Haltungen gefangen war, die die Muskulatur verkürzen? Auch langsame und mit der Atmung koordinierte Bewegungen, das Hinspüren in die gedehnten Bereiche und Abschalten der stressigen Gedanken kann unser Gefühl für den eigenen Körper und unser Wohlbefinden verbessern. Achte darauf, während des Dehnens tief und ruhig zu atmen, um die Entspannung der Muskulatur zu unterstützen und zu verstärken.

Kontraindikationen

Wenn Du hypermobil (überbeweglich) bist oder sehr instabile Bänder, Gelenke und Sehnen hast, solltest Du vorsichtig mit Dehnen sein und zum Ausgleich eher Deine Kraft trainieren. Schwangere suchen sich am besten Übungen, die speziell für sie geeignet sind, z.B. Schwangerenyoga. Sanftes Dehnen während der Schwangerschaft ist sehr wohltuend, es sollte aber darauf geachtet werden, die hormonell bedingte Lockerung von Bändern und Geweben nicht zu überreizen. Auch nach Verletzungen wie einem Muskelfaserriss sollte man vorsichtig sein, da Dehnübungen die Durchblutung erhöhen und Einblutungen in das Gewebe verstärken können. Zu intensives Stretching kann Mikroverletzungen in den Muskeln hervorrufen. Wichtig ist immer, dass Du beim Dehnen niemals über Deine Schmerzgrenze hinaus gehst, sondern auf Deinen Körper und seine Signale hörst. Im Zweifel ziehe einen guten Arzt zu Rate, bevor Du mit dem Mobility Training beginnst.

Methoden

Vielleicht fragst Du Dich, wie man am besten dehnt oder welche Techniken es gibt. Dieser Frage widmet sich der nächste Blogartikel. Es gibt jedenfalls so viele verschiedene Ansätze und Übungen, dass auch für Dich etwas dabei sein sollte, was Dir guttut und dieses wohlige, entspannte Körpergefühl beschert, das Du nicht mehr missen möchte.